Gegenvorschlag Lohninitiative: Gemeinderat zementiert hohe Löhne

Wie erwartet hat der Frauenfelder Gemeinderat dem Reglement über die Besoldung der Mitglieder des Stadtrates, dessen Entwurf von einem inneren Zirkel der GPK erarbeitet wurde, beinahe unverändert zugestimmt. Untenstehend finden Sie die Voten von Gemeinderat und Präsident Bund der Steuerzahler Frauenfeld, Thomas Gemperle:

Eintreten
Sehr geehrte Mitglieder des Stadtrates, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, geschätzte Gäste auf der Tribüne

Ich spreche im eigenen Namen. Das Thema „Besoldung Stadtrat“ ist nicht neu. Bereits in der Vergangenheit hat der Rat das aus meiner Sicht zu hohe Entlöhnungsniveau des Stadtammannamtes immer wieder bestätigt. Im Jahr 2007 hat der Rat zudem für die nebenamtlichen Stadträte mit der Pensenerhöhung auf ein 50%-Mandat eine faktische Lohnerhöhung von Fr. 80’000.- auf Fr. 100’000.- beschlossen. Die Initiative „200 000 Franken sind genug“, welche mit dem vorliegenden Reglement offensichtlich bekämpft werden soll, ist also aus reiner Not entstanden, weil an diesem störenden Lohnsystem keine Korrektur in Sicht war. Umso erfreulicher ist es, dass nun scheinbar breit abgestützt die Einsicht vorherrscht, dass das System nicht mehr zeitgemäss ist. Doch der erste Eindruck täuscht. Leider erweist sich bei genauem Hinschauen der Gegenvorschlag als Mogelpackung. Das vorliegende Reglement ändert am System, dass die Saläre für ein Stadtratsamt zu hoch sind, nur marginal etwas. Im Grundsatz werden die hohen Löhne zementiert und bestätigt.

Trotzdem werde ich persönlich für Eintreten votieren. In der Hoffnung, dass doch noch einen Kompromiss zu erreichen ist. Doch dafür sind zwei zentrale Korrekturen am Reglement nötig. Erstens ist das Lohn-Niveau der nebenamtlichen Stadträte auf das Niveau von vor 2007 zu senken. Zweitens ist auf die Einführung der völlig quer in der Landschaft stehenden Erfahrungszuschläge zu verzichten. Ich werde diese Anträge in der materiellen Beratung einbringen und da auch noch begründen.

Allgemein rufe ich Sie zu Transparenz auf. Versuchen wir nicht, mit fadenscheinigen Instrumenten wie dem Erfahrungszuschlag den wahren Lohn zu verschleiern. Wenn Sie der Meinung sind, dass ein Stadtammann 243’000 Franken bzw. ein nebenamtlicher Stadtrat 104’000 Franken für 50% verdienen soll, ist das legitim. Ich bin zwar anderer Meinung, aber das ist völlig ok. Aber schenken Sie dem Bürger reinen Wein ein und sagen Sie, wie hoch ein solches Amt entlöhnt werden soll.

Sie haben es in der Hand. Wenn Sie eine echte Alternative zur Initiative des Bundes der Steuerzahler präsentieren wollen, müssen Sie sich jetzt endlich einmal bewegen. Alibi-Vorlagen, wie dem vorliegenden Reglementsentwurf, kann ich nicht zustimmen. Ich stimme für Eintreten in der Hoffnung, dass wir das Reglement jetzt gemeinsam noch nachbessern werden.

Artikel 2 Absatz 2: Antrag Marty auf Reduktion Lohn nebenamtliche Stadträte auf 160’000

Geschätzte Mitglieder des Stadtrates, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, ich spreche im eigenen Namen. Das richtige Lohn-Niveau ist aus meiner Sicht der eigentliche Zankapfel dieser Vorlage. Es werden Ängste geschürt, dass man mit einer Anpassung nur noch zweitklassige Kandidaten finden würde. Gerade auch im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden, in denen teilweise bedeutend tiefere Saläre bezahlt werden, ist diese Angst nicht nachvollziehbar.

Sie sind Volksvertreter. Sie alle kommen aus unterschiedlichsten Berufen und Branchen. Überlegen Sie sich jetzt einmal: Was sind das für Menschen, die in Ihrer Branche rund 160’000 Franken verdienen. Sind das dumme Menschen? Menschen, die unfähig wären, ein Stadtratsamt auszuüben? Es sind Menschen mit gewissen Führungsqualitäten und sozialer Kompetenz. Es sind Menschen in Kaderpositionen, nicht in den allerhöchsten, aber in guten Positionen. Auch unter Ihnen gibt es wahrscheinlich Ratsmitglieder, die nicht mehr als 160 000 Franken verdienen. Aber sind sie deswegen ungeeignet, Stadtrat zu werden? Was ich sagen will: Egal von welcher Branche wir sprechen. Wenn wir in Lohnsegmenten bis 160 000 Franken sprechen haben wir genügend fähige Leute, die sich als Stadträte eignen. Unser Vorschlag beinhaltet gute Löhne, einfach keine überrissenen. Aber so gut, dass wir genügend Kandidaten finden, welche dieses Würdenamt gerne ausüben würden.

Schlussendlich stellt sich die Frage: Mit welchen Positionen müssen wir konkurrenzieren? Dass es in Einzelfällen zu Lohneinbussen kommen kann, schliesse ich nicht aus. Aber wir müssen mit den Top-Shots unserer Wirtschaft nicht konkurrenzieren können. Sondern in dem Lohnsegment, das wir vorschlagen finden sich genügend fähige Leute. Oder solche, die sich auch mit einer kleinen Lohneinbusse für Frauenfeld einsetzen wollen.

Weiter geben die Befürworter der hohen Löhne zu bedenken, dass unter Umständen städtische Kaderangestellte mehr verdienen könnten als ein nebenamtlicher Stadtrat. Nun ich sehe darin, sollte es wirklich soweit kommt, kein Problem. Es kann doch sein, dass ein langjähriger, erfahrener Amtschef mehr verdient als ein frischgewählter, nebenamtlicher Stadtrat. Auch auf anderen staatlichen Ebenen ist es nicht anders. Die Bundesräte, die Exekutive unseres Landes, haben nicht die höchsten Löhne. Die Extrembeispiele wie den Vergleich von Bundesrätin Leuthard mit den Chefs bundeseigener Betriebe wie Post oder Swisscom ist ihnen sicher bekannt. Und auch in der Wirtschaft ist es nicht immer so, dass der Chef am meisten verdient. Langjährige, sehr erfahrene Fachspezialisten können in Ausnahmefällen durchaus besser entlöhnt werden als ihr Chef.

Ich bitte Sie, Augenmass zu wahren und dem Antrag Marty zuzustimmen.

Artikel 2 Absatz 3: Streichen Erfahrungszulage

Geschätzte Mitglieder des Stadtrates, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates

Ich spreche in eigenem Namen. Ich stelle folgenden Antrag:
Artikel 2, Absatz 3 ist ersatzlos zu streichen.

Begründung: Wie sieht ein zeitgemässes Lohnsystem aus? Es ist oftmals eine Mischung aus leistungsabhängigen und fixen Lohnbestandteilen. Ich bin dezidiert der Meinung, dass der Grundlohn gerecht und angemessen sein muss. Falls in der Wirtschaft ein Unternehmen Gewinn macht, und nur dann, sind ggf. massvolle Boni angebracht. Aber ein automatischer Bonus in der Lohntüte ohne zusätzliche Leistung? Nein.

Ein automatischer Erfahrungszuschlag ist in der Arbeitswelt etwas völlig unnötiges und unübliches. Weshalb sollten gerade in der Politik etwas anderes gelten? Den so genannten Erfahrungszuschlag erhält ein Exekutivpolitiker, wenn er wiedergewählt ist. Das Volk bestätigt ihm dann, dass er genug erfahren ist für die nächsten vier Jahre.

Für mich ist der Erfahrungszuschlag vergleichbar mit unbegründeten Boni in der Bankenwelt. Mit dem Erfahrungszuschlag führen wir alte Zöpfe ein, von denen sich die Wirtschaft langsam löst. Wer ein solches Reglement verabschiedet hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Das Einführen von solchen Abzocker-Instrumenten wird in der Öffentlichkeit nicht mehr goutiert.

Etwas anderes ist auch noch ganz interessant. Jetzt wird plötzlich die Bindung an den Obergerichtspräsidentenlohn kritisiert. Begründung: Es gebe keine Grundlage dazu. Was, meine Damen und Herren, hat der Gemeinderat denn eigentlich in den letzten 20 Jahren in dieser Sache unternommen? Offenbar brauchte es die Initiative des Bund der Steuerzahler für diese Einsicht.

Und jetzt soll neu ein Erfahrungszuschlag eingeführt werden, der ebenfalls unbegründet ist. In einigen Jahren fragen wir uns womöglich auch, was der Grund für diesen neuen Automatismus ist. Es gibt keinen.

Der Erfahrungszuschlag ist ein Relikt aus altem Beamtendenken. Unsere Stadträte sind Politiker, keine Beamten. Ich bitte Sie, meinem Antrag zuzustimmen.

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